Interview mit Sabine bleeptrack Wieluch, Creative Technologist

Wie Sabine ihre Nische in der Tech-Branche fand.

Sabine, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen bleeptrack, ist freischaffende Künstlerin und Creative Technologist. Ihre Schwerpunkte liegen in generativer Kunst, maschinellem Lernen und digitaler Fertigung. Sie promoviert derzeit im Bereich Machine Learning und Computational Creativity an der Universität Ulm. Ihre Werke werden international ausgestellt und sie erhielt verschiedene Auszeichnungen und Stipendien. bleeptrack dokumentiert ihre Projekte u.a. in der YouTube-Reihe „Work in Progress“.

Nach ihrem sehr interessanten und aufschlussreichen Vortrag „Ist das Kunst oder kann das/dev/null?“ bei unserer Tech-Veranstaltungsreihe Dev & Donuts haben wir uns erneut über Diversität in der Tech-Branche ausgetauscht.

bleeptracks Leidenschaft für das Programmieren entwickelte sie schon als Kind. Sie bemerkte, dass sie auf ihrem Computer Tamagotchi-Charaktere in anderen Farben und Größen darstellen konnte und fand es faszinierend, was mit Programmierung alles möglich ist. Inspiriert von diesen intrinsisch motivierten Projekten entschied sie sich für ein Studium der Medieninformatik an der Universität Ulm und geht seitdem ihrer Leidenschaft nach.

Welche Werte und Policies in deinem Arbeitsverhältnis unterstützen das Gefühl der Inklusion und Gleichberechtigung?

Ich finde es wichtig, dass man sich in Teams auf Augenhöhe begegnet. Damit hatte ich bisher wenig Probleme. Es ist selten vorgekommen, dass ich mich beweisen musste. Auch nicht an meiner Universität, schließlich habe ich dort nicht umsonst studiert. Ich denke aber, dass gegenseitige Wertschätzung und Respekt ein guter Anfang sind.

Glaubst du, dass von dir mehr erwartet wird als von deinen männlichen Kollegen?

Diese Frage ist für mich schwer zu beantworten. Gerade weil ich nicht in einem festen Arbeitsverhältnis stehe und meine eigenen Projekte durchführe, bin ich nicht direkt mit Erwartungshaltungen konfrontiert. Wenn ich auf Messen oder Ausstellungen meine Projekte präsentiere, kommt es immer mal wieder vor, dass Leute hinterfragen, ob es sich tatsächlich um meine eigenen Projekte handelt. Oft werde ich auch gefragt, in wie vielen Sprachen ich programmieren kann, als ob man mein Können unter Beweis stellen wollte. Das passiert mir auch heute noch regelmäßig.

Hast du schonmal unter dem Imposter-Syndrom gelitten?

Ja, schon immer. Aber bei mir hat es sich komischerweise in eine andere Richtung entwickelt. Am Anfang hatte ich Zweifel, ob ich das richtige Studium mache, ob ich richtig bin. Diese Zweifel sind aber schnell verflogen, als ich gemerkt habe, dass mir das Studium sehr gut liegt. Nach meinem Abschluss habe ich angefangen zu forschen. Auch den Weg in die Forschung habe ich immer wieder hinterfragt. Andere haben die „krassen“ Sachen gemacht und ich habe meine Kunst gemacht. Irgendwann kamen Zweifel in mir auf, ob ich mich überhaupt Künstlerin nennen darf. Ich habe mich lange nicht als solche gesehen, bis ich in verschiedenen Museen ausgestellt habe und die Leute über mich als Künstlerin gesprochen haben. Das Feedback von anderen hat mir geholfen zu akzeptieren, dass ich das Richtige für mich tue. Das hat mir das nötige Selbstvertrauen gegeben. Wenn ich beispielsweise für Veranstaltungen wie Dev & Donuts gebucht werde, dann zeigt mir das, dass meine Arbeit gesehen wird, sinnvoll ist und einen Nerv trifft.

Hast du Ideen, wie Gleichberechtigung in Unternehmen besser umgesetzt werden könnten?

Vorbilder sind in meiner Branche sehr hilfreich. Ich glaube, dass ein Mentoringsystem effektiv sein kann. Mitarbeitende können sich auf diese Art gut vernetzen und jemand, der schon ein oder zwei Karriereschritte weiter ist, kann Tipps und Orientierung geben. Als Angestellte würde ich mir eine Ansprechperson wünschen, die meine Rolle gut versteht und auch verfügbar ist, wenn mal etwas schiefläuft. Natürlich wäre es super, wenn eine Frau die Mentorenschaft übernimmt. Um so ähnlicher das Vorbild, desto leichter fällt die Identifikation.

Vielen Dank Sabine, dass du uns einen Einblick in dein Leben als freischaffende Künstlerin und Informatikerin gegeben hast. Deine Eindrücke und Erfahrungen sind wertvoll für alle Frauen, die sich eine Karriere in der IT-Welt vorstellen können.